Bericht zur XII. Internationalen Ministrantenwallfahrt vom 29.07. bis 04.08.2018
Alle Wege führen nach Rom.
ROM – Heilige Stadt, Stadt der Apostel, Martyrer und Heiligen, Ewige Stadt, Sitz der Kirche, Stadt der Päpste, Ziel von Millionen Pilgern. Einer war nicht hier: Jesus von Nazaret, inkarnierter (eingeborener) Begründer unseres Glaubens. Er kam als Mensch aus dem Nahen Osten nicht heraus und hat dennoch die ganze Welt umfasst – was war, was ist und was sein wird. Weltweit bekennen sich 2,3 Mrd. Menschen als Christen, darunter 1,1 Mrd. Katholiken. In das Zentrum dieser Weltgemeinschaft haben wir uns in den Sommerferien aufgemacht, eingeladen von Papst Franziskus, unterstützt durch unsere Familien und Gemeinden, vorbereitet vom Diözesanteam mit Kaplan Marek Müller und Diakon Michael Fox. Und weil wir einer Weltkirche angehören, waren wir auch nicht allein auf dem Weg zur 12. Internationalen Ministrantenwallfahrt. Zusammen mit unserem Bus aus der Pfarrei Hl. Mutter Teresa machten sich weitere 19 Busse aus Sachsen bzw. aus unseren beiden Bistümern Dresden-Meißen und Görlitz mit insgesamt 875 Teilnehmern nach Rom auf – und wie wir dann zunehmend spürten – zusammen mit 50-60.000 weiteren Ministranten aus Deutschland zu insgesamt 70.000 aus der ganzen Welt.
Alle Wege führen nach Rom, aber warum gerade so viele aus Deutschland? Traditionell erfolgt Jugendarbeit in Deutschland in den Kirchgemeinden, ob in wöchentlichen Ministrantenstunden, RKW, Rüstzeiten oder anderen Formaten. In anderen Ländern finden dagegen häufig die Pfadfinderschaften das Interesse der Jugendlichen. Und weil wir uns als eine große Schar aufgemacht hatten und mit so vielen Gleichgesinnten zusammenkamen, erlebten auch die Ministranten aus den kleineren Gemeinden die Weite der Kirche und die Stärke, die aus einem solchen Zusammenhalt wächst. Schon bei der Anreise war das spürbar, als die gesamte Sachsen-Abordnung den Liebfrauendom in München füllte. Dort sind die Reliquien des Hl. Benno von Sachsen, Begründer des Weinbaus an der Elbe und Schutzpatron unseres Bistums, infolge der Reformation verwahrt. Ihn zu ehren hielten wir mit den beiden Bischöfen Heinrich Timmerevers und Wolfgang Ipolt Andacht, während derer auch die neongelbgrünen Fahnen ausgegeben wurden, die uns neben den gleichfarbigen Schirmen während der Wallfahrt weithin sichtbar begleiten sollten. Und wir übten uns unter Leitung von Matthias Böhm in unsere besondere Aufgabe während dieser Pilgerfahrt ein, nämlich die der Schola für die verschiedenen Gottesdienste.
Die Nacht zum Montag fuhren wir durch, die Fahrer wechselten und wir erreichten am Vormittag die Albaner Berge, in denen sich unser Quartier für etwa 300 Personen beim Carmel in Sassone befand. In der gepflegten Anlage mit Mehrbettzimmern wurden wir gut betreut und beköstigt, wobei wir uns an italienische Essensfolgen gleich zu Mittag gewöhnen konnten: Nudelvorspeise, Hauptgericht mit Fleisch, Salat zum Selbstanrichten, Obst und jede Menge Wasser sowie für die Erwachsenen Wein.
Die römische Pilgerfolge begann anschließend mit der Andacht in Santa Maria in Trastevere, gelegen in der römischen Altstadt jenseits (trans) des Tibers (Tevere), die in der Obhut der spirituellen Gemeinschaft San Egidio steht, welche seit 50 Jahren besteht. Die Umgebung mit dem Gianicolo, von dem man auf die Sieben Hügel Roms schaut, die nach der Zerstörung durch die Gallier von der Servianischen Mauer umzogen wurden (Aventin, Caelius, Esquilin, Kapitol, Palatin, Quirinal, Viminal) lockte dann zur Erkundung in Kleingruppen, während andere durch das historische Zentrum streiften oder Spuren der antiken Römer verfolgten. Die Eisdielen (keine Kugeln, sondern gestrichen) und Pizzerien auf dem Weg spiegelten die Lockerheit italienischen Lebens und wurden abgelöst von einem strengen Zeitregime beim schnellen Busbesteigen und der späteren Abendruhe. Man mag sich vorstellen, wie der Busverantwortliche ins Schwitzen kommt, ob auch alle Mitreisenden in den Bus eingestiegen sind, wenn zwanzig Busse (und häufig noch die von anderen Bistümern) an vereinbarten Orten im dichten Verkehr nur kurz und regelwidrig halten …
Noch einmal zum italienischen Essen, jetzt zum Frühstück In der Unterkunft waren die Tische morgens sorgsam gedeckt: mit Espresso in Kaffeekannen (wir seien doch Deutsche, die immer Kaffee trinken), mit Wasser, Zwieback, eingeschweißten süßen Hörnchen, trockenem Brot, etwas Butter, Marmelade und Käse und Wurst auf einem Seitentisch; letzteres entwickelte sich zum Renner (eben deutsch) und musste laufend nachgelegt werden, so dass die Schneidemaschinen in der Küche auf Hochtouren liefen. Der Italiener selber nimmt ja, ähnlich dem Franzosen, meist ein zweites kleines Frühstück im Stehen (der schnelle Kaffee/ E(x)spresso, dazu ein Hörnchen/ Cornetto) ein und isst abends ausgiebig. Bis dahin hatten wir aber ein volles Tagesprogramm am Dienstag ohne Rücksicht auf die Temperaturen bis 38 Grad im Schatten. Verschiedene Wallfahrtswege führten die Pilger zu einigen der über tausend Kirchen Roms und Stätten der Märtyrer, bevor wir uns am späten Mittag auf dem Petersplatz vereinten. Die Sonne stand hoch, zehntausende Ministranten zeigten ihre Farbenpracht und ihre Gesänge, die Mediziner hatten Hochbetrieb mit den Umgefallenen, zwei Feuerwehren spritzten kühles Wasser über die Menge, die Polizisten verteilten Trinkwasser. Während der Römer im Sommer die Siesta verlängert, bereiteten wir uns „unter goldner Sonne Strahlen“ (wie es im Farbenlied der KAV Capitolina Rom heißt) auf die Begegnung mit dem Hl. Vater vor.
Um 18 Uhr ging ein Raunen durch die Menge, die lagernden Jugendlichen sprangen auf und versuchten, je nach Position, in die Nähe der Wege zu kommen, auf denen Papst Franziskus, begleitet von Helfern und Sicherheitskräften, im offenen Wagen durch die Reihen fuhr. Manche von uns konnten ihm die Hand schütteln (auch die als Messdiener und Schola nach ganz vorne Entsandten), anderen gelangen schöne Nahaufnahmen, und alle wurden vom Papst gesegnet, ob von fern oder von nah. Die Bischöfe hatten sich um den Altar versammelt, wo auch Vertreter der Ministranten Fragen und Fürbitten vortrugen, die vom Papst mit großer Aufmerksamkeit erwidert wurden. Ein großartiges Erleben, friedlich und in vielen Sprachen!
Wie schnell dann dieser riesige Platz beräumt ist, wie organisiert und ausnahmslos die Ordnungskräfte dafür sorgen, dass es am nächsten Tag mit anderen Gläubigen und neuen Audienzen weiter gehen kann. Weltkirche halt. Und das Zentrum dieser Kirche, Rom, erfuhren wir auch am Mittwoch, den wir mit der Hl. Messe in Sant’Andrea della Valle, gelegen am Corso unterhalb von Piazza Navona, begannen. Die Gruppen, die anschließend den Petersdom besichtigen wollten, standen dort eine Stunde in glühender Sonne, um durch die Sicherheitsschleusen an den Kolonnaden zu gelangen, bevor uns St. Peter in den Bann zog. Ab der Spätantike entwickelte sich die Lehre, dass die Autorität des Bischofs von Rom direkt auf den Apostel Petrus zurückgeführt werden kann und die ihn zum Stellvertreter Christi und damit Inhaber des obersten Jurisdiktions-, Lehr- und Hirtenamts in der christlichen Kirche macht. „Tu es Petrus et super hanc petram aedificabo ecclesiam meam“ – „Du bist Petrus, und auf diesen Stein werde ich meine Kirche bauen“ – so steht es in übermannshohen Lettern in der Kuppel über dem Petrusgrab. Wir sahen die Katakomben unter der Kirche mit den Papstgräbern, die vielen Seitenaltäre, die Markierungen zu den Größen anderer Kathedralen der Welt, die ‚Cathedra’ des Papstes, den Baldachin über dem Petrusgrab u.v.a.m. Dermaßen beeindruckt schloss der Tag mit einem ‚blind date’, einem organisierten Treffen mit uns bis dato nicht bekannten Ministranten anderer Diözesen zum Kennenlernen. Dabei konnten auch die Stickerclips auf dem Pilger-Armband getauscht und wieder das Wallfahrtslied ‚Suche Frieden’ gesungen werden. Wobei das Lied der letzten Wallfahrt vor vier Jahren (das ist der Turnus) ‚Lasst uns ziehn zu den Quellen des Lebens’ vielen damaligen Teilnehmern noch so im Ohr war, dass es das aktuelle Wallfahrtslied überstrahlte.
Alle Wege führen nach Rom, auch die vom Meer. Der alte Hafen Roms lag in Ostia und ist heute verlandet. Die dortigen Ausgrabungen bieten reiche Einblicke in die Antike. Rom als Weltmacht bis nach Germanien (linksrheinische Städte wir Köln sind 2000 Jahre alt) und weiter, im Süden nach Afrika reichend, dazu als Seemacht unterwegs – das nachzuvollziehen und sich die ausgereifte Infrastruktur von Straßen, Theatern, Wasserversorgung, Kanalisation zu dieser Zeit vorzustellen, dazu luden die Besichtigungen am Donnerstag ein. Schließlich trafen wir uns im Amphitheater von Ostia zu einem Gruppenbild der beiden Bistümer und einem komödianten Theaterstück der Begleiter, bevor es weiter an den Lido, den Strand ging. Bei geringem Wellengang genossen wir die Erfrischung im (salzigen) Wasser sehr!
Mit dieser Frische durften wir am Freitag in Kleingruppen noch einmal in der Stadt herumstreifen, einiges erneut sehen, anderes neu erleben: das Pantheon mit der Kuppelöffnung und den für den Petersdom-Baldachin geopferten Bronzeplatten, die Kirche der deutschsprachigen Gemeinde ‚Anima’ und den deutschen Friedhof im Vatikan ‚Campo Santo Teutonico’, das Schneewunder in Santa Maria Maggiore und den Wahrheitsmund Bocca della Verità , den Park der Villa Borghese neben der Spanischen Treppe, das Colosseum, das Forum Romanum und denCircus Maximus, die kapitolinische Wölfin mit Romulus und Remus (‚333 – Rom schlüpft aus dem Ei’) und den kleinen Bernini-Elephanten mit dem überlangen Rüssel, den Vierströmebrunnen auf der Piazza Navona und den Trevibrunnen mit dem Münzopfer zum Wiederkommen. Lebewohl Rom, Arrividerci Roma! Es waren schöne Tage und reiche Erlebnisse, wunde Füße und gute Begegnungen. Eine letzte, ruhiger werdende Begegnung war die auf der Rückfahrt mit einem weiteren Diözesanpatron, dem Hl. Donatus in Arezzo, wo wir die abendliche Abschlussandacht hielten und den langjährigen Ministrantenseelsorger, Pfr. Winfried Kuhnik gebührend verabschiedeten und allen Helfern danken konnten. Nachtfahrt, Brenner, Zuhause, Schluss.
Alle Wege führen nach Rom, die des Glaubens, die der Liebe und die der Hoffnung. Das vergessen wir nicht Und der Hl. Vater mit dem deutschen Episkopat wird uns auch nicht vergessen, denn unsere Neon-Fahnen und Schirme waren überall auf dem gesamten Petersplatz zur Audienz ‚Frieden in Gemeinschaft’ am 31. Juli 2018 zu sehen. Gewusst wie.
Peter Patt, im August 2018